Rectusdiastase
Bitte was ist gemeint? Jetzt hast du dieses Wort sicherlich schon öfter gehört, aber dich eventuell nicht getraut zu fragen. Die frischgebackenen Mütter, die sich auf dem Spielplatz darüber austauschen. Oder im Babyschwimmen, im Sportkurs oder in der Krabbelgruppe – überall kannst du es hören. Oftmals hat es einen negativen Unterton bei den Müttern.
Was ist diese Rectusdiastase eigentlich genau?
Rectusdiastase klingt erstmal sehr kompliziert und man kann sich als Laie wenig darunter vorstellen, das stimmt. Aber es ist kein Grund zur Beunruhigung. Von einer Rectusdiastase spricht man, wenn es einen Spalt zwischen den geraden Bauchmuskeln gibt. Die dazwischen liegende Sehnenplatte (auch Linea Alba genannt) ist weicher und breiter als normal. Ist diese Platte mehr als 1-2 Querfinger breit und kann die Sehnenplatte keine Spannung aufbauen, so spricht man im Fachjargon von einer Rectusdiastase. Heißt übersetzt: dein Bauchmuskel verliert seine Funktion und arbeitet nicht mehr effektiv, dadurch entsteht eine Bauchwandschwäche.
Diese Rectusdiastase kann verschiedene Ursachen haben. Entweder ist sie durch die Schwangerschaft bzw. Geburt deines Babys entstanden oder durch Übergewichtigkeit. Rund 40% der Erstgebärenden und sogar 70% der Mehrgebärenden haben diese Rectusdiastase. Sie kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Es gibt auch Menschen, die schon immer eine Rectusdiastase haben (das ist allerdings sehr selten).
Eine Rectusdiastase ist meistens zwischen 2-10cm breit und kann bis zu 15cm lang sein. Durch das Wachstum der Gebärmutter werden die großen Bauchmuskeln zur Seite gedrückt, dein Baby braucht ja schließlich seinen Platz. Das heißt jede Schwangere hat eine Rectusdiastase.
Da vorne die Kraft fehlt, wird auf die Körperrückseite kompensiert. Es gibt also eine Statikveränderung (in der Schwangerschaft und somit eine ungünstige Bauchinnendruckverteilung. Nach der Geburt geht diese natürliche Dehnung der Bauchmuskeln, der Bänder und des Fasziengewebes von selbst wieder zurück. Bei den meisten Frauen passiert das ca. sechs Monate nach der Schwangerschaft von alleine. Bei ca. 30-40% der Frauen nicht – und dadurch kann eine Rectusdiastase bleiben.
Um deinen Körper bei der Rückbildung der Rectusdiastase zu unterstützen, ist es sinnvoll, 6-12 Monate lang angeleitete Übungen wie Rückbildungs-Gymnastik zu machen.
Du fragst dich aber nun, wie du eine Rectusdiastase bei dir erkennen kannst. Ein paar Anzeichen können sein:
- Probleme mit dem Beckenboden
- Ungewöhnlich hervorgewölbter Bauch, trotz normalem Gewicht
- Rückenprobleme
- Instabile Körpermitte
- Verstopfung
Du kannst selbst bei dir testen, ob du den Spalt spüren kannst. Lege dich dazu auf den Rücken, stelle deine Beine auf und hebe deinen Kopf. Positioniere deine Finger so, dass sie senkrecht stehen, atme aus und spüre deine angespannten Bauchmuskeln. Drücke mit deiner Fingerspitze gefühlvoll in die Bauchdecke. Eventuell kannst nun einen Spalt zwischen den Muskelsträngen ertasten. Diesen Test machst du ober- und unterhalb des Bauchnabels.
Die Rectusdiastase kann häufiger bei Mehrlingsgeburten, bei falschem oder extremem Bauchmuskeltraining, bei sehr großen Babys und bei Schwangeren über 35 Jahren vorkommen.
Du kannst es zwar nicht verhindern, aber dem vorbeugen. Das ist doch mal eine gute Nachricht oder?
- Trage nicht viel und schwer in der Schwangerschaft
- Mache ab dem 6. Schwangerschaftsmonat keine Übungen mit intensiver Haltekraft der Bauchmuskeln (z.B. Unterarmstützübungen)
- Stehe immer über die Seite auf bzw. lege dich über die Seite hin (nicht über die Rückenlage!)
- Nehme dein größeres Kind eher auf den Schoß anstatt es zu tragen
- Arbeite im Alltag bewusst mit deinem Beckenboden und stabilisiere dein Muskelkorsett
- Achte auf eine gute und gesunde Ernährung, damit du eine intakte Verdauung hast und beim Stuhlgang nicht so stark pressen musst
- Vermeide einen zu starken Bauchinnendruck, der bspw. durch starkes Krafttraining entstehen kann
- Trainiere stattdessen lieber die tief liegenden Muskeln (wie auch deinen Beckenboden und die tiefen Bauchmuskeln) und beziehe den ganzen Körper mit ein. Baue die Übung wie eine Kette auf. à Unser Gehirn kann sich sowieso immer besser an die Kette erinnern als an einzelne Glieder. Spannend oder?
- Bei sehr großen Diastasen (Spalt eine Handbreit groß) wird das kurzzeitige Tragen eines Gurtes empfohlen. Allerdings nur so lange bis eine Verbesserung sichtbar ist.
Bedenke bitte, dass eine Rectusdiastase nicht schnell behoben ist.
Es braucht eine langfristige Therapie, da das Bindegewebe seine Zeit braucht und auch die Mama lernen muss ihr ganzes bewusstes Verhalten und Körperhaltung anpassen. Hilfreich sind bewusste Alltagsbewegungen, Haltungsschulung, ein regelmäßiges Training für Beckenboden/ tiefe Bauchmuskeln/ Rückenmuskeln und auch eine Atemschulung kann sich positiv auswirken.
Ich habe hier noch eine schöne wertvolle Übung für den Anfang : Begib dich in Rückenlage, stelle deine Beine an, lege die Hände auf deinen Unterbauch. Beim Ausatmen ziehst du den Nabel Richtung Wirbelsäule, dabei schiebt dein unterer Rücken Richtung Unterlage. Dein Beckenboden wird dabei sanft aktiviert. Beim Einatmen entspannst du wieder.
- Wiederhole diese Übung 10x
- Du kannst die Übung in verschiedenen Positionen durchführen: z.B. Rückenlage, Seitenlage, Bauchlage, Vierfüßlerstand, im Stehen
Mein Tipp für dich: versuche recht zügig mit einer sanften Rückbildung in Form von Beckenbodenwahrnehmung und Atemübungen zu starten. Erlerne ein bewusstes Alltagsverhalten und eine gesunde Ruhebalance. Du kannst schon nach ca. 8 Wochen, wenn keine Geburtsprobleme mehr da sind, mit einem geschulten Rückbildungskurs beginnen.
Hoffentlich kannst du für dich im Alltag ein paar Dinge nutzen, um einer Rectusdiastase vorzubeugen. Ich wünsche dir alles Gute!